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Benjamin Schmid stellt Supertalente vor – Violin-Duo-Rallye mit dem jungen chinesischen Geiger und Bratschisten Ziyu He (Solodebüt mit den Wiener Philharmonikern mit 18 Jahren)

Benjamin Schmid Violine
Ziyu He Violine und Viola

Johann Sebastian Bach (1685-1750)
– Chaconne für Violine solo BWV 1004 (Ziyu He)

Louis Spohr (1784-1859)
– Duo für 2 Violinen op. 67/2

Sergei Prokofieff (1891-1953)
– Sonate für 2 Violinen op. 56

Henryk Wieniawski (1835-1880)
– Etude Caprice g-Moll für 2 Violinen op. 18/1

Georg Friedrich Händel (1685-1759) / Johan Halvorsen (1864-1935)
– Passacaglia für Violine und Viola

 

Virtuosität mit Tiefgang

Der »Basso ostinato«, das im ganzen Stück beibehaltene Bassthema, kennzeichnet die aus Südeuropa stammende Ciaccona. Das Finale der zweiten Partita für Violine solo von Johann Sebastian Bach, als »Chaconne« populär geworden, gilt als Paradebeispiel für die kunstvolle Verarbeitung dieser alten Form. Mit 256 Takten sprengt sie alle tradierten Dimensionen und ist überdies der einzige Variationensatz in Bachs Kammermusik. Von Moll zu Dur und zurück zu Moll spinnt sich ein musikalischer Zauber, der im Rahmen einer grandiosen Klang-Architektur steht. Eine Chaconne ist ursprünglich ein Totentanz und die von Bach ganz besonders. Er hat sie mit größter Wahrscheinlichkeit 1720 nach dem Tod seiner geliebten ersten Frau Maria Barbara geschrieben; deren Rufnamen Barbara steht in Notenform im Stück. Er schreibt b – a und dazwischen d, das ist aber als italienisches re, also im Sinne von r, zu sehen. Und zwar immer sehr exponiert – an Schlüsselstellen ruft er gleichsam den Namen.

Ein »Meister zwischen den Zeiten« war der Braunschweiger Arztsohn Louis Spohr. Der Geiger von Weltrang und langjährige Kasseler Hofkapellmeister zählte zu den ersten Dirigenten im modernen Sinn und war ein fruchtbarer Komponist, der im 19. Jahrhundert mit Mendelssohn und Schumann in einem Atemzug genannt, ja mehr als diese gespielt wurde. Heute wird sein Nonett immer noch gerne gegeben, hin und wieder eines seiner Violinkonzerte, mitunter das Oratorium »Die letzten Dinge«, selten eine seiner Opern – und sonst? In seinem reichhaltigen Œuvre gäbe es genug rare Schätze. Dazu zählen auch die Duos, die um 1724 entstanden sein dürften. Paganini nannte Spohr den »vorzüglichsten Sänger« auf der Violine, was sich in den Duos beweist. In der Nr. 2 sorgen der »mozartische« Kopfsatz und das Rondo-Finale im Marschtempo für Vergnügen auf höchstem Niveau. Dazwischen steht ein wahrlich »singendes« B-Dur-Larghetto im Siciliano-Rhythmus. Die Geigen spielen Opernkantilenen in reinster und feinster Romantik.

Sergej Prokofjew schrieb die Sonate für zwei Violinen im Pariser Exil. Er hielt jedoch immer Kontakt zu seiner russischen Heimat, in die er 1936 endgültig zurückkehrte. Die Uraufführung des op. 56 hatte schon vorher auf einer Konzertreise in Moskau stattgefunden. Trotz der festlichen Tonart C-Dur ist das Stück voll ernster Lyrik, aufwühlender Leidenschaft und satirischer Doppelbödigkeit. Mitunter entsteht der Eindruck eines Kampfes zwischen den Geigen, die jedoch stets wieder zusammenfinden. In vier knappen Sätzen schafft der Komponist ein Panorama der Gefühle, getragen von Themen, die an russische Volksmusik erinnern. »In allem, was ich schreibe«, so Prokofjew, »halte ich mich an zwei hauptsächliche Grundsätze: Klarheit in der Darlegung meiner Ideen und lakonische Kürze, unter Vermeidung alles Überflüssigen im Ausdruck.« Dazu kommen im diesem Fall fordernde Virtuosität und klassische Satztechnik – und über allem schwebt das latente Heimweh, welches Prokofjew trotz seiner großen Erfolge im Westen empfunden hat.

Der in Lublin geborene Henryk Wieniawski, Sohn einer Pianistin, begann als Fünfjähriger mit dem Violinspiel und wechselte mit acht Jahren vom Warschauer ans Pariser Konservatorium. Aus dem Wunderkind wurde einer der Stargeiger seiner Zeit. Von 1860 bis 1872 lebte er in St. Petersburg als Konzertmeister und »Solist seiner Majestät des Zaren«. Seit 1875 Professor in Brüssel, unternahm er seinem schweren Herzleiden zum Trotz weitere Konzerttourneen und verstarb auf einer solchen in Moskau. Alle seine Werke – darunter drei Konzerte für Violine und Orchester – galten seinem Instrument. Slawische Folklore, Eleganz und Sentiment der Pariser Salons und beträchtliches handwerkliches Können verbinden sich in seinen Stücken zu einer originellen Mischung, die ihre Wirkung auch heute nicht verfehlt. Dies gilt auch für die charmanten »Etude-Capricen« für zwei Geigen, die er am Beginn seiner russischen Jahre schrieb und deren erste diesmal erklingt.

Der mit einer Nichte Edvard Griegs verheiratete Norweger Johan Halvorsen war als Geiger und Dirigent erfolgreich. Als nationalromantischer Komponist ist er mit drei Symphonien, klangprächtiger Bühnenmusik und »Norwegischen Phantasien« zumindest in seiner Heimat nicht ganz vergessen; sein Violinkonzert wurde 2016 in Toronto wiederentdeckt. Doch kennt man seinen Namen international vor allem wegen eines einzigen, virtuosen Stücks, der »Passacaglia« nach der »Passacaille« aus der g-Moll-Orchestersuite HW 432 von Georg Friedrich Händel. Barocker Glanz, spätromantisch koloriert.

Gottfried Franz Kasparek


Benjamin Schmid, Violine

Der 1968 in Wien geborene Geiger studierte in Salzburg, Wien und Philadelphia und zählt zu den international erfolgreichsten Interpreten seiner Generation. In den Jahren 1985 bis 1992 gewann er u. a. den Londoner Carl Flesch Wettbewerb, und zwar gleichzeitig den…

Ziyu He, Violine und Viola

Der junge chinesische Geiger Ziyu He (*1999) hat innerhalb kürzester Zeit international auf sich aufmerksam gemacht. Im Alter von fünf Jahren begann er unter Anleitung von Xiangrong Zhang mit dem Geigenspiel. 2010 wurde Paul Roczek in Peking auf seine außerordentliche…


 

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