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Ungeachtet der Bezeichnung als »… für Klavier und …« gibt es keine Haupt- und Nebenrollen mehr.

Benjamin Schmid (Violine), Matthias Bartholomey (Violoncello), Ariane Haering (Klavier)

Ludwig van Beethoven (1770-1827)
– Klaviertrio c-Moll op.1/3
– Klaviertrio D-Dur op. 70/1 »Geistertrio«
– Violinsonaten Nr. 3 Es-Dur op. 12/3
– Violinsonate Nr. 7 c-Moll op. 30/2

 

Die ersten Werke, die Beethoven einer Opuszahl für würdig hielt, sind die drei Klaviertrios op. 1, erschienen 1795 in Wien. Mit diesen Werken stellte der Komponist, der in seiner Wahlheimat vor allem als Pianist gefeiert wurde, das Klaviertrio ebenbürtig neben das Streichquartett und die Streichinstrumente gleichberechtigt neben das Klavier. Waren die Stücke der Vorläufer, vor allem die seines zeitweiligen Lehrers Joseph Haydns und Mozarts, noch prinzipiell dreisätzig gewesen, so schrieb Beethoven viersätzige Trios, verwendete also eine im Grunde damals noch neue symphonische Form. Haydn hatte auch Bedenken, was die Reaktion des Publikums betraf – doch der Erfolg war von Beginn an groß. Der Mäzen und Widmungsträger Fürst Karl Lichnowsky sorgte für die Drucklegung. Beethoven selbst schätzte das dritte Trio in c-Moll am höchsten ein und arbeitete es 1817 zum Streichquintett op. 104 um. Die häufiger gespielte Triofassung zeichnet sich vor allem durch ein dichtes Geflecht der Motive aus. Alle vier Sätze stehen thematisch miteinander in Verbindung. Die düstere, tragische Grundstimmung des Stücks war damals neu in Beethovens Schaffen und sollte bestimmend werden. Auf einen prägnanten, stürmischen ersten folgt ein liedhafter, schlichter zweiter Satz mit phantasievollen Variationen. Erst im Scherzo, denn dies ist das Menuett schon eher, wird die drohende Mollstimmung aufgelockert, vor allem durch das heitere C-Dur-Trio. Das Finale mit seinem trotzigen Pathos verblüfft durch die nahezu Haydn’schen, jäh in ironisch anmutendes C-Dur gewendeten Schusstakte.

Unter Beethovens insgesamt elf zwischen 1793 und 1816 entstandenen Stücken für diese Besetzung ist das so genannte »Geistertrio« eines der populärsten. Dies mag mit dem Beinamen zusammenhängen, der sich auf den düsteren Mittelsatz bezieht, jedoch nicht vom Komponisten stammt, sondern wie so oft wohl von einem geschäftstüchtigen Verleger aus späterer Zeit. Voller Energie bäumt sich in typisch Beethoven’scher Weise das Hauptthema des ersten Satzes auf, dem ein lyrischer Nachsatz folgt. Es sind gleichsam zwei Motive in einem Thema, welche den ganzen Satz beherrschen, da auch das gesangliche Seitenthema daraus entwickelt ist. Dem geheimnisvollen Mittelsatz kann man mit einiger Phantasie etwas Gespenstisches, »Geisterhaftes« nachsagen. Wie weit Beethovens Beschäftigung mit Shakespeares düsterem Drama »Macbeth« darin Niederschlag gefunden hat, muss Spekulation bleiben. Der Komponist trug sich in dieser Zeit mit einem Macbeth-Opernplan, der über dürftige Skizzen und Gedanken nicht hinauskam. Viel mehr scheint die romantische Nachtstimmung, scheinen die d-Moll-Abgründe dieser bis in impressionistische Klangwelten vorstoßenden Musik allerdings auf Franz Schuberts knapp zwei Jahrzehnte später entstandene Klaviertrios hinzuweisen. Wie eine Erlösung aus dieser Dunkelheit wirkt das abschließende Presto-Finale, ein erstaunlich schalkhaftes, mitunter Haydn beschwörendes Stück, in dem die Virtuosität aller drei Instrumente gefordert ist. Am Ende triumphiert geistvolle Vitalität.

Zu den Violinsonaten op. 12 siehe auch den Text zum Konzert am 19. September. Die 3. Sonate in Es-Dur ist wohl die gewichtigste, am meisten in die Zukunft weisende der drei Stücke. Der erste Satz beginnt mit energischer Kraft, die in ein ausgewogenes, an Kontrasten reiches und schwungvolles Spiel mit Motiven mündet. Das folgende Adagio »mit großem Ausdruck« bietet ein Gegenbild zur Spiellaune des Kopfsatzes. Weit atmende melodische Bögen über phantasievollen Begleitfiguren, in einem in sich ruhendem C-Dur, ergeben bereits einen der typischen, meditativen und gesanglichen langsamen Sätze Beethovens, wie sie auch die Klaviersonaten aus diesen Jahren kennzeichnen. Dagegen ist das temperamentvolle Finalrondo im Zweivierteltakt ein einziges Bekenntnis zu vitalem, auftrumpfendem Musikantentum.

Beethovens drei Sonaten op. 30 von 1802 sind Zar Alexander I. von Russland gewidmet. Beethoven hatte in dieser Zeit zwar große Erfolge, aber seine »Harthörigkeit« machte sich immer schmerzlicher bemerkbar. Im Oktober 1802 schrieb er das erschütternde »Heiligenstädter Testament«. Die c-Moll-Sonate ist erfüllt von vorwärts stürmendem Temperament, aber von Fatalismus geprägt. Das markante Kopfmotiv des ersten Satzes wird sich später in der heiteren 8. Symphonie notengetreu spiegeln. Der ganze Satz ist von ungeheurer Spannung bestimmt, laute und leise Sequenzen prallen jäh aufeinander. Das Adagio in As-Dur wirkt dagegen abgeklärt, aber auch hier kommt es zu leidenschaftlichen, düsteren Abschweifungen. Am Ende steht ein kreatives Spiel mit Tonleitern, Violine und Klavier sind gleichberechtigte Partner. Im Scherzo schlägt der Komponist lichtere Töne an, versehen mit mancher Pikanterie, wie dem Spiel mit dem Motiv des ersten Satzes, welches im Trio weiter variiert wird. Tiefe Ausdruckkraft und höchste Kunst der Verarbeitung gehen bei Beethoven meist Hand in Hand. Auch im Finalsatz wird das motivische Material weiter entwickelt. Das ist Musik voll tragischem Ernst mit seltenen Aufhellungen. Das aufwühlende und von seelischen Spannungen zerklüftete Werk schließt mit einer trotzigen, effektsicheren Stretta.

Gottfried Franz Kasparek


Benjamin Schmid, Violine

Der 1968 in Wien geborene Geiger studierte in Salzburg, Wien und Philadelphia und zählt zu den international erfolgreichsten Interpreten seiner Generation. In den Jahren 1985 bis 1992 gewann er u. a. den Londoner Carl Flesch Wettbewerb, und zwar gleichzeitig den…

Ariane Haering, Klavier

Die 1976 in Le Locle in der Schweiz geborene, in Salzburg lebende Pianistin studierte in ihrer Heimat und schloss 1992 mit Auszeichnung ab, danach besuchte sie Meisterklassen in den USA und in Lausanne. Sie gewann eine ganze Reihe wichtiger Preise,…

Matthias Bartholomey, Violoncello

Geboren 1985 in Wien. Im Alter von sechs Jahren erhielt er den ersten Cellounterricht von seinem Vater Franz Bartolomey. Er studierte in der Konzertfachklasse bei Valentin Erben an der Universität für Musik in Wien und bei Clemens Hagen am Mozarteum…

 

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