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»Tribute to Didier«

Gottfried Franz Kasparek im Gespräch mit Benjamin Schmid

Django Reinhardt ist ein guter Bekannter in euren Programmen. Aber warum Didier Lockwood?

Der Grund ist das Ableben von Didier Lockwood, der meiner Meinung nach der wichtigste lebende Jazzgeiger war. Der 1956 in Calais geborene Sohn eines Geigenprofessors wurde nur 62 Jahre alt. Er starb am 18, Februar 2018 in Paris an einem Herzinfarkt, den er am Tag davor auf dem Konzertpodium erlitten hatte. Ich habe ihn 1985/86 kennen gelernt, bei meinen Konzerten mit dem großen Stéphane Grappelli, dessen Nachfolger er wurde. Bald durfte ich mit Didier beim Jazzfestival in Le Mans spielen und habe danach immer wieder in Frankreich, aber auch in Österreich mit ihm musiziert. Die Begegnungen und der künstlerische Austausch mit ihm waren für mich extrem wichtig, er war mein einer meiner wesentlichen Mentoren, was den Jazz betrifft. Er zählte zu den wenigen Musikern, die auf der Geige wirklich swingen konnten. Dazu muss man in den »Flow« dieser Musik wirklich eintauchen. Diese Technik ist im Jazz Swing übrigens genauso hoch entwickelt wie etwa in der neuen Musik eines György Ligeti.

Lockwood hat auch komponiert, sogar zwei Violinkonzerte, ein Klavierkonzert und zwei Opern.

Ja, er hat fast fünf Jahrzehnte lang wie der Wilde improvisiert, komponiert und produziert, darunter sehr viel großartige Musik, immer mit Jazz-Hintergrund. Er hätte mit dem gefeierten Jazzgitarristen Biréli Lagrène im März 2019 in Wien ein Konzert geben sollen. Es war eine große Ehre für mich, dieses Projekt mit dem wunderbaren Biréli, mit dem ich schon oft musiziert habe, zu übernehmen, in memoriam Didier Lockwood zu gestalten und dabei natürlich seine Musik zu spielen. Er hat sich sehr intensiv mit der Musik und Spielweise Stéphane Grappellis beschäftigt und kam zu einem eigenen Stil sehr zugänglicher, mitreißender, doch auch innovativer Jazzmusik. Unser Konzert ist stilistisch eine Mischung aus unserem alten Programm »Django meets Classic« und Kompositionen von Didier.

Er war ein klassisch ausgebildeter Geiger, wie kam er zum Jazz?

Er ist als 17jähriger draufgekommen, dass die Klassik nicht so sehr seine Musik ist. Sein Zugang zum Jazz war ein sehr natürlicher, instinktiver. Zunächst machte er übrigens Rockmusik, auch Fusion Music, und entwickelte einen eigenen Rock-Jazz, der in den 70er.Jahren beim Festival in Montreux und sogar bei den Donaueschinger Musiktagen Furore machte. Er hatte das Talent, die besten Leute für seine Band zu finden und konnte die riesige Olympiahalle in Paris problemlos füllen. Er war ein ganz Großer in der französischen Musikszene, die ja ein starkes Eigenleben hat. Doch war er immer wieder auch in Deutschland und in Amerika sehr erfolgreich. Didier hat ja unglaublich viel gemacht, auch Kommerzmusik, aber nichts, wohinter er nicht stehen konnte. Später hat ihm das dann mitunter nicht mehr so gut gefallen, aber im Augenblick des Entstehens war er immer Feuer und Flamme.

Er war wohl auch ein Meister der Improvisation?

Er konnte etwas, was in der klassischen Musik leider zum Großteil verloren gegangen ist, nämlich rein nach dem Gehör zu spielen. Noch dazu war er mit einem absoluten Gehör gesegnet. Seine Art, zu improvisieren, seine virtuosen Soli, all das war faszinierend und ist unvergesslich. Seine Bühnenerscheinung war gewaltig und charismatisch. Man könnte sagen, er war ein wirkliches Bühnentier.

Für Dein Ensemble ist es auch wichtig, klassische Musik zu zitieren und im besten Sinne zu »verjazzen«. Hast Du da als der große Klassikgeiger, der Du auch bist, manchmal Bedenken?

Es kommt immer darauf an, wie eine Bearbeitung gemacht ist. Wenn sie gut ist, sehe ich kein Problem. Das hat es in der Musikgeschichte auch immer gegeben und die Komponisten haben sich oft daran erfreut, ihre Stücke in gelungenen Arrangements zu höre. Schon aus Gründen meiner Biographie drängt es sich für mich auf, die verschiedenen Sphären miteinander zu verbinden. Ich sehe es auch als meinen Beitrag dazu, die große Violinmusik zum Beispiel eines Paganini, aber auch Stücke eines Chopin oder Friedrich Gulda durch Arrangements noch bekannter zu machen.

Dann freuen wir uns auf einen spannenden Abend mit Django, Classic und Didier!


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